Neulich im Internet
Es war einmal, neulich im Internet… Da gab es Streit, politische Statements und wirtschaftliche Entscheidungen. Zu viel auf einmal? Können wir verstehen. Wenn uns nicht Robin Blase und David Hain wöchentlich in ihrem Podcast “Lästerschwestern” (an dieser Stelle eine warme Empfehlung für alle Kollegen aus der Branche, die den Podcast noch nicht hören) auf den neusten Stand brächten, dann würden wir wohl auch einiges verpassen. Für alle, die keine Zeit für Podcasts oder stundenlange Recherche nach Internet News haben, gibt es hier unsere Zusammenfassung in der Rubrik “Neulich im Internet”: Kurz, knackig, mit einer Meinung.
IGTV goes horizontal
Vor einem Jahr machte Instagram viel Lärm mit dem Launch von IGTV – einer mit Instagram verbundenen App für vertikale Videos. Dies war eine neue Challenge für alle, die mitmachen wollten, denn horizontalen Content von anderen Plattformen hier recyclen war nicht so einfach möglich. Der Start für IGTV war dementsprechend schwierig. Es gab nicht viel Content und die Aufrufzahlen konnten nicht mit YouTube oder selbst Instagram Stories mithalten. Und doch schienen sich nach und nach alle mit der vertikalen Ausrichtung anzufreunden. Creator, Medienhäuser und Marken wagten das Experiment: @arte.tv stellt Trailer auf IGTV, @dalia begann vor kurzem ihre eigene Talkshow und @lovcosmetics zeigt Makeup-Tutorials – alles vertikal.
Und jetzt? Gerade hatten wir noch mit unserer Vorstellung der App “Firework” über die Verschmelzung von horizontalen und vertikalen Videoinhalten gesprochen, schon kündigt IGTV an: Ab nun werden auch horizontale Videoinhalte unterstützt. Mit einer kurzen Drehung des Smartphones wird das Bild nun gedreht. Hat IGTV damit seinen USP verschenkt? Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch die Chance für die App, endlich ein wirklicher Konkurrent für YouTube zu werden. Denn jetzt bündelt Instagram nicht nur einen Userfeed, Userprofile und Stories, sondern unterstützt auch Bewegtbild in allen Längen und Formaten.
Beauty-Guru Beef
Dieser Tea war selbst eingefleischten Gossip-YouTubern zum Teil zu heiß: Zwei der weltweit größten Beauty-YouTuber – ehemals beste Freunde mit nichts als Liebe füreinander in den sozialen Medien – hatten Streit. Wir möchten das Chaos einmal zusammenfassen. Und zwar als Drama in 5 Akten.
1. Akt: Exposition
Im Anschluss an das Coachella-Festival lädt James Charles in seinen Instagram Stories Werbung für Vitamintabletten hoch. Ein großer Fauxpas, denn seine Freundin und Mentorin Tati Westbrook verkauft auch Vitamintabletten. Und James macht Werbung für die Konkurrenz! In einigen tränenreichen Stories schildert sie ihre Enttäuschung über eine gewisse Person. James entschuldigt sich prompt auf Instagram.
2. Akt: Steigerung
Tati lädt ihr Video “Bye Sister” hoch, in dem sie vom Vitamin-Skandal und anderen Missetaten des James Charles berichtet. Sie will nichts mehr mit ihm zu tun haben. James entschuldigt sich prompt auf YouTube. Eigentlich will er keinen Stress und dass sich die Situation beruhigt. In der Zwischenzeit gewinnt Tati Millionen von Abonnenten auf YouTube, James verliert sie.
3. Akt: Höhepunkt
Der Konflikt schwelt nicht mehr nur zwischen Tati und James, nun tweeten und lästern auch Zara Larsson und Jeffree Star (auch YouTuber, mit großem Markenimperium) über James Charles. Tati lädt ihr Video “Why I did it” hoch, wieder tränenreich und versichernd, dass sie James gar nicht solch einen Schaden zufügen wollte. Jeffree Star beendet seine Zusammenarbeit mit James Charles in Sachen Merchandise. Alle bisher hochgeladenen Videos erreichen millionenfache Views.
4. Akt: Retadierendes Moment
James Charles hat genug. Er lädt ein Video mit “Receits” hoch, Internet-Slang für Screenshots und Videos, die seine Aussagen belegen können. So widerlegt er etliche von Tatis Aussagen, entschuldigt sich (wieder) und zeigt fiese Textnachrichten von Jeffree Star. Jeffree wird auf Snapchat richtig sauer, Tati tweeted, dass sie nach wie vor hinter ihren Aussagen steht. In der Zwischenzeit gewinnt James Hunderttausende Abonnenten auf YouTube, Tati verliert sie.
5. Akt: Katastrophe
Alles fällt plötzlich in sich zusammen. Statt eigener “Receits”, wie es erwartet war, lädt Jeffree nun ein Video auf Youtube hoch, in dem er sich reumütig und kleinlaut zeigt. Er bereut generell einfach alles. Tati teilt ein längliches Statement, dass sie fürderhin nichts mehr öffentlich zu dem Thema sagen wird. James gefällt das, er ist “on board” und will auch nicht mehr drüber reden.
Wo enden wir? Die Communities sind zerstritten und zerstreut über verschiedene Parteien und Wahrheiten, eine YouTuber-Allianz ist gebrochen, und außerdem, so die Protagonisten, sollten wir uns doch alle mal endlich auf ein bisschen Positivität und Frohsinn konzentrieren.
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YouTuber werden politisch
Etwas konstruktiver haben nun just vor der Europawahl einige deutsche YouTuber ihren Frust verarbeitet. Während der eingangs erwähnte Robin Blase (alias RobBubble) im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung einige sachlich journalistisch aufgearbeitete Videos rund um Europa und die Parlamentswahlen produzierte, warben auf Instagram schon seit Wochen viele Creator und Blogger eigenständig für die Wahlen. Es wurde der Termin geteilt, Briefwahl erklärt, die Relevanz dieser Wahlen erklärt und blaue Stern-Hoodies getragen, bis es alle mitbekommen haben mussten.
Aber wen wählen? Die Debatten rund um Artikel 13 hatten bereits einige Parteien vor allem in der jungen Bevölkerung in Verruf gebracht, aber klar zu einer Partei bekannten sich doch die wenigsten Influencer. Bis zu Rezos Video. Mit der “Zerstörung der CDU” kam nun auch bei Menschen, die sich weniger im Internet bewegen, an, wie leidenschaftlich sich die Jugend derzeit mit Politik beschäftigte. Der CDU gefiel das gar nicht und der SPD nur so mittelmäßig. Auch Rezos zweites Video, mit der Unterstützung von mehr als 90 YouTubern, verunsicherte die großes Volksparteien merklich.
Wenn man sich nun die Ergebnisse der EU-Wahl ansieht will man meinen, dass die jungen Wähler Rezos Rat gefolgt sind. Auch wenn sich über die Aufarbeitung von Rezo streiten lässt: Die Politisierung der deutschen Creator-Community war überfällig. In den USA und England haben dort bekannte YouTuber bereits vor Jahren angefangen, Stellung zu beziehen und sich zu politischen Themen zu äußern. Wir finden: Besser, die jungen Leuten erfahren von YouTubern und Instagramern über politische Themen, als gar nicht. Besser, sie werden überspitzt mit den Krisen unserer Zeit konfrontiert, als gar nicht. Well done, Rezo!
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